Wo warst du, als Jonas Müller im Olympia-Finale traf? (2)

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23.02.2019

Wo warst du, als Jonas Müller im Olympia-Finale traf? (2)

Der 25. Februar 2018 war ein denkwürdiger Tag für das Eishockey in unserer Republik. Das Team vom Deutschen Eishockey Bund (DEB) hatte es bis ins Olympiafinale geschafft und traf dort auf die olympischen Athleten aus Russland. Über 8000 Kilometer von Berlin entfernt, im südkoreanischen Pyeongchang, ging es hart zur Sache. In der 57. Minute kam dann der Auftritt von Eisbären-Verteidiger Jonas Müller aus Berlin-Karlshorst. Wir wollen mit einer kleinen Artikelserie auf den womöglich größten Tag im deutschen Eishockey zurückblicken.

Zeitverschiebung als Fluch und Segen

Von Hannes Elster

Aus beruflicher Sicht muss ich ehrlich zugeben, dass mir die Olympia-Pause doch sehr gelegen kam. Aufgrund des engen Terminplans fielen ja sehr viele DEL-Spiele auf Wochentage und gerade diese Heimspiele sind sehr kräftezehrend: zum einen sind die Arbeitstage extrem lang und zum anderen habe ich nach Heimspieltagen immer große Probleme sofort einzuschlafen. Gerade letzterer Punkt ist umso anstrengender, wenn man am nächsten Tag wieder ab 9 Uhr an der Hotline sitzen muss/darf. Dementsprechend sind längere Spielpausen immer eine gute Möglichkeit, den Akku mal wieder aufzuladen. Die Pause im Februar hatte nun förmlich dazu eingeladen, mal ein weit entferntes Reiseziel auszuwählen, welches auch im europäischen Winter viel Sonne und hohe Temperaturen garantieren würde. So verschlug es mich also an die Karibikküste Mexikos und der eigentliche Plan sah auch vor, sich in keinster Weise mit Eishockey auseinanderzusetzen.

Der Plan ging ursprünglich auch auf, die Ergebnisse des olympischen Eishockeyturniers hat man mal kurz gecheckt und dann war es aber auch wieder vergessen. Auch die Quali-Runde gegen die Schweiz wurde noch so nebenbei aufgenommen aber so richtig hatte mich das auch noch nicht vom Hocker gerissen. Wirklich interessant wurde es dann ab dem Viertelfinale gegen Schweden, bei dem man ja nun wirklich schon von einem überraschenden Ausgang sprechen konnte. Ich hatte mir im Anschluss fest vorgenommen, nun doch mal einen Stream zu finden, der mir das anstehende Halbfinale gegen Kanada auf mein Smartphone projiziert, aber das war leider gar nicht so einfach. Zum einen musste ich ganz schnell die Hoffnung begraben, dass der Zeitunterschied zwischen Mexiko und Südkorea doch gar nicht so hoch sei. Pustekuchen: die Spiele fanden zu extrem unchristlichen Zeiten statt, meistens sogar mitten in der mexikanischen Nacht. Zum anderen war es unmöglich, einen Stream zu finden, der in Mexiko lief. Das hatte weniger mit den technischen Voraussetzungen in Mexiko als mehr mit den weltweiten TV-Rechten zu tun, sodass beispielsweise ARD/ZDF oder auch US-Sender überhaupt nicht gestreamt werden konnten. Das mexikanische Fernsehen hatte verständlicherweise eher weniger Interesse am Wintersport. Ich bin mir sicher, dass jetzt beim Lesen der eine oder andere Technik-Nerd den pädagogischen Zeigefinger hebt und mir ganz tolle Tricks verraten will, wie man sowas umgehen kann, aber ich möchte es noch einmal verdeutlichen: ich lag in Mexiko am Strand und hatte kontinuierlich einen Tequila Sunrise in der Hand! Es war mir einfach keine Mühe wert, mich in irgendeiner Art und Weise darauf vorzubereiten, das Halbfinale in der kommenden Nacht streamen zu können. Direkt nach dem Aufstehen konnte ich es aber kaum fassen, als mir mein Smartphone das Halbfinal-Ergebnis mitgeteilt hatte. Nun begann es zu rattern: wann findet das Finale statt? Wann fliege ich wieder nach Hause? Ich muss das Endspiel irgendwie gucken!

Wie es der Zufall bzw. die Reiseplanung so wollte, bin ich einen Tag vor dem Finale wieder zu Hause angekommen. Mein Vorteil gegenüber vielen anderen deutschen Fans, die sich so früh am Morgen aus dem Bett gequält haben: ich hatte einen ganz fiesen Jetlag! Um 5 Uhr am Morgen war bei mir die Nacht vorbei, sodass ich mich ins Wohnzimmer gesetzt habe und das Spiel in einem atemberaubenden körperlichen Zustand verfolgen konnte. Der Spielverlauf tat zudem sein Übriges, um mich dauerhaft wach zu halten. Beim Tor von Mülli bin ich so schnell aus der Liege- in die Stehposition gekommen wie niemals zuvor und ich musste mich extrem zusammenreißen, nicht laut loszubrüllen, weil meine Freundin mit dem Thema „Jetlag“ nichts anfangen und immer und überall schlafen kann. Gerade nach der Strafzeit gegen das russische Team bei noch einer zu spielenden Minute war ich mir eigentlich total sicher, dass dieser historische Coup wirklich passieren wird. Was ich dabei nicht bedacht habe, war die unfassbare individuelle Qualität des Teams der „Olympischen Athleten aus Russland“ und dessen Möglichkeit, in jeder Situation noch Tore erzielen zu können, egal wie aussichtslos es erscheint. Ich muss zugeben, dass mich dieser bittere Moment trotzdem danach nicht davon abgehalten hat, mich anschließend direkt wieder schlafen zu legen und mein Schlafdefizit zu verringern.

Sicherlich hat die Silbermedaille vor allem individuell vielen Spielern geholfen (siehe Kahun oder Macek). Ob es aber auch zu strukturellen Veränderungen geführt hat, die nach so einem Erfolg zurecht gefordert werden, um das Bewusstsein für Eishockey in Deutschland zu steigern, vermag ich nicht zu beurteilen und leite die Frage gern an den DOSB und den DHB weiter…

 

Hannes Elster arbeitet im Ticketing der Eisbären Berlin. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er als Tickethannes als Ehrenmann aus den Eisbären Live Podcasts von #hanniunddani bekannt.

Habt Ihr auch eine spannende Geschichte zum Müller-Tor? Dann schreibt sie auf und schickt sie uns per E-Mail (gerne mit Fotos) an info@eisbaeren.de. Wir werden sie in loser Folge veröffentlichen. Bisher ist schon der Text von Paul Heiber erschienen.

 

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